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Breitenwirkung schaffen: Smart Textiles auf dem Vormarsch

Wer im Smart-Textile-Bereich mehr als einen Prototyp schaffen will, findet sich vor vielen Herausforderungen. ADRESYS hat sich diesen gestellt und geht mit dem ANGEL-Shirt in Serienproduktion.

Wenn man in Bereichen wie Automotive, Sport oder Gesundheit auf Innovation setzen will, kommt man um intelligente Textilien, sogenannte Smart Textiles, nicht herum. Sie setzen völlig neue Maßstäbe: reagieren auf die Umwelt, besitzen eine gewisse Intelligenz, betreiben etwa Body-Monitoring.

Beim ANGEL-System von ADRESYS sieht das beispielsweise so aus: Elektroden an den Oberarmen sammeln Daten, der Genius analysiert diese und gibt sie weiter und die ANGEL-App verständigt bei einem Elektrounfall, Sturz oder medizinischen Notfall die Hilfe.

Den Anfang schaffen

Schon seit Jahren ist der Begriff Smart Textiles in aller Munde. Deshalb glaubte man bei ADRESYS auch, das passende Material für das ANGEL-System sei schnell gefunden. Doch weit gefehlt! Denn die Smart-Textile-Branche steht in vielerlei Hinsicht erst am Anfang.

Zwar bot der Markt einige intelligente Shirts, mit denen die Expert:innen von ADRESYS zu arbeiten versuchten. Doch neben technischen Schwierigkeiten gab es auch Probleme mit der Alltagstauglichkeit. Das ursprünglich geplante synthetische Material und die langen Ärmel waren zum Beispiel nicht auf einen durchschnittlichen Arbeitstag unter oft anstrengenden und schweißtreibenden Bedingungen ausgelegt. Silke, die Textilingenieurin von ADRESYS, musste deshalb Lösungen ganz speziell für ANGEL finden.

Eine Frau steht und hat ein Textilleiter in der Hand

Silke bei der Smart-Textile-Produktion
© ADRESYS


Im Alltag bestehen

Silke definiert: Das ANGEL-Shirt muss, damit es alltagstauglich ist, einen bequemen Schnitt haben und aus Baumwolle sein – ein Material, das in der Elektrobranche meist gefordert wird, weil man es gut unter flammenhemmender Schutzkleidung tragen kann. Die Bündchen an den Oberarmen des ANGEL-Shirts dürfen nicht einschneiden, die Elektroden müssen aber trotzdem gut aufliegen; also sind unterschiedliche Oberarmgrößen notwendig. Und die verbauten Elektroden und sensiblen Kontaktierungsstellen  im ANGEL-Shirt müssen mindestens 50 Waschgänge durchstehen. „Das Waschen vereint gleich mehrere Schwierigkeiten: Temperatur, Chemie und mechanische Einwirkung – und das alles über einen langen Zeitraum“, erklärt Silke. ANGEL ist trotzdem zu einem Smart-Textile-Shirt geworden, das ganz ohne Schonwaschgang auskommt.

In die Masse gehen

Prototypen findet man in der Smart-Textile-Branche viele und interessante. Doch meistens ist schnell klar, dass diese den Schritt in die Serienproduktion noch nicht schaffen können; weil sie zu aufwändig in der Herstellung, nicht waschbar oder schlicht zu teuer sind. Die Kundschaft ist zwar bereit, einen gewissen Preis für ein Smart-Textile-Shirt zu zahlen, aber eben auch nicht unendlich viel.

Um die ANGEL-Shirts zu einem vernünftigen Preis anbieten zu können, müssen die Produktionsprozesse optimiert werden. „Unsere elektronischen Komponenten benötigen an manchen Stellen Kontakt, an manchen absolute Isolation. Das ist in der Serienproduktion eine Herausforderung“, erzählt Silke. Mit Thermopressen z. B. lassen sich „smarte“ Komponenten gut an den Shirts anbringen, erprobt sind diese Pressen aber vor allem beim Logodruck. Dort geht es vor allem ums Aussehen, „bei uns dagegen geht es um die elektrische Funktionalität, alles muss stabil und prozesssicher miteinander verbunden sein.“

Bisher hat alles geklappt und die ersten knapp 2000 ANGEL-Shirts liefen wie geplant vom Band: „Made in Europe“ – das ist ADRESYS wichtig.

Vorreiter:in sein

Das bei der Entwicklung des ANGEL-Systems generierte Wissen über Smart Textiles bringt Silke in das Textilkomitee von Austrian Standards und in der Working Group für Smart Textiles bei CEN, dem Europäischen Komitee für Normung, ein. Auch das Projekt PATCH von ADRESYS hat das Ziel, neue Kenntnisse nach außen zu tragen. „Unsere Methoden sind auch interessant für andere Systeme“, erklärt Silke. „Wie isoliert man Leiter? Wie schafft man es, dass Elektroden bestmöglichen Hautkontakt haben, unabhängig von Hautbeschaffenheit oder Körperbehaarung?“ Für den Medizinbereich etwa könne das Know-how, wie man eine Datenverarbeitungseinheit bestmöglich an einem Smart-Textile-Shirt anbringt, durchaus interessant sein.

In die Zukunft blicken

Für September ist der Launch des ANGEL-Systems angesetzt und Ideen für neue Entwicklungen stehen bereits im Raum. Im Hochspannungsbereich z.B. sind lange Ärmel vorgeschrieben. Wie und wo soll man an einem solchen Shirt die Elektroden anbringen? Und lässt sich das ANGEL-System auch in flammenhemmenden Stoff verbauen?

 

Der Smart-Textile-Bereich steht erst am Anfang – und ANGEL ist nun auch mit am Start.

Jasmin Simon führt einen Qualitätstest für ein ANGEL-Shirt durch. Man sieht eine Frau mit einem Schwamm.

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